Freitag, 26. Oktober 2007

Geld aus Schuld

Der folgende Text basiert auf dem sehr aufschlussreichen Dokumentarfilm "Money as debt“ von Paul Grignon. Allerdings kann Paul Grignon nicht für die Richtigkeit der "Google-Version" von "Money as debt", die ich als Vorlage genommen habe, garantieren - und damit auch nicht für diesen Text. Informationen über das Original von Paul Grignon findet ihr unter www.moneyasdebt.net.

Geld aus Schuld (original: Money as debt)

Den meisten kommt auf die Frage, wo den das Geld überhaupt herkommt, das Bild der Münzanstalten in den Sinn, die Noten druckt und Münzen presst. Geld, so glauben die meisten, wird von der Regierung hergestellt. Das stimmt aber nur teilweise. Geld wird tatsächlich von einer Behörde des Staates hergestellt. (Bei uns diverse nationale Münzstationen). Aber der Großteil des Geldes kommt nicht von diesen Anstalten, er wird hergestellt – alltäglich in riesigen Mengen – von privaten Gesellschaften, die sich Banken nennen. Die meisten von uns glauben, Banken verliehen Geld, das ihnen andere anvertraut haben – leicht vorstellbar, aber nicht die Wahrheit. Tatsächlich schaffen Banken das Geld, das sie verleihen – es stammt weder aus ihren eigenen Einnahmen, noch aus verwalteten Guthaben, sondern unmittelbar aus dem Versprechen des Schuldners, es zurückzuzahlen. Des Schuldners Unterschrift auf dem Vertrag stellt eine Verpflichtung dar, der Bank das Geld zurückzuzahlen – plus Zinsen oder das Haus, das Auto oder sonstiger Güter zu verlieren, die man als „Sicherheit“ vorweisen muss. Das ist eine bedeutende Verbindlichkeit für den Schuldner. Zu was verpflichtet sich die Bank durch diese Unterschrift? Die Bank darf nun das Volumen des Kredits herbeizaubern und einfach auf das Konto des Schuldners buchen. Klingt unglaublich? Aber das ist es.

Um zu zeigen, wie es zu diesem „Wunder“ des modernen Bankwesens kam, betrachten wir einmal „Das Märchen des Goldschmieds“: Früher einmal, da wurde fast alles als Geld benutzt, es musste nur handlich sein und für viele Leute einen Wert darstellen, sodass man es als Tauschmittel benutzten konnte, etwa für Nahrung, Kleidung und Unterkunft. Muscheln, Kakaobohnen, hübsche Steine – selbst Federn wurden schon als Geld genutzt. Gold und Silber waren reizvoll, weich und einfach zu verarbeiten, daher wurden einige Kulturen sehr erfahren im Umgang mit diesen Metallen. Goldschmiede erleichterten den Handel, indem sie Münzen gossen – genormte Einheiten dieser Metalle, deren Gewicht und Reinheit zertifiziert waren. Aber um sein Gold zu schützen, brauchte der Goldschmied einen Tresor, und schon bald standen seine Mitmenschen vor seiner Tür, die Platz im Tresor mieten wollten, um auch ihr Gold zu schützen. Rasch hatte der Goldschmied allen Platz im Tresor vermietet, und verdiente ein wenig in seinem Tresor-Mietgewerbe. Jahre gingen ins Land, da machte der Goldschmied eine gerissene Beobachtung. Einleger kamen selten herein, um ihr eigentliches Gold abzuholen, und sie kamen niemals alle gemeinsam. Und zwar deshalb, weil die „Schecks“, die der Goldschmied als Quittungen für das Gold geschrieben hatte, auf dem Markt gehandelt wurden, als wären sie das Gold selbst. Dieses Papiergeld war sehr viel praktischer als schwere Münzen, und Mengen konnten einfacher beziffert werden, anstatt mühsam einzeln gezählt werden zu müssen. Inzwischen führte der Goldschmied ein weiteres Geschäft: Er verlieh sein Gold gegen Zinsen. Als sein praktisches Scheckgeld in Umlauf kam, verlangten Schuldner Kredite zunehmend in Scheckgeld anstatt des tatsächlichen Metalls. Als die Wirtschaft wuchs, wollten mehr und mehr Leute Kredite vom Goldschmied. Da kam dem Goldschmied eine noch bessere Idee: Er wusste, dass nur sehr wenige seiner Einleger jemals ihr tatsächliches Gold zurücknehmen, da dachte er, er könne mit Leichtigkeit Schecks ausstellen, die vom Gold seiner Einleger gedeckt würden, zusätzlich zu seinen eigenen. Solange diese Kredite zurückgezahlt würden, merkten seine Kunden davon gar nichts und blieben schadlos.

Während der Goldschmied – nun eher Bankier als Handwerker – einen weit größeren Profit machte, als er könnte, wenn er nur sein eigens Geld verlieh. Jahrelang genoss der Goldschmied so im Geheimen ein gutes Einkommen – von den Zinsen seiner Einlagen und der seiner Einleger. Nun ein bedeutender Geldgeber, wurde er ständig reicher als seine Mitbürger, und er zeigte es auch. Der Verdacht regte sich, er gebe das Geld seiner Einleger aus. Seine Einleger kamen zusammen und drohten damit, ihr Gold zurückzufordern, sollte der Goldschmied nicht auspacken, woher sein plötzlicher Wohlstand kam. Entgegen möglicher Erwartungen war das keine Katastrophe für den Goldschmied. Trotz seines doppelten Spiels funktionierte sein Plan: Die Einleger hatten überhaupt nichts verloren – ihr Gold war alles im Tresor in Sicherheit. Anstatt ihr Gold zurückzunehmen, forderten die Einleger, dass der Goldschmied – nun ihr Bankier – sie beteilige, indem er ihnen Zinsen zahlte. Das war der Anfang des Bankwesens. Der Bankier bezahlte einen geringen Zins auf Einlagen des Geldes anderer Leute, das er dann wiederum anderen zu höheren Zins verlieh. Die Differenz deckte die Unterhaltskosten der Bank und ihren Profit. Die Logik dieses Systems ist einfach, und sie erscheint wie ein sinnvoller Weg, die Nachfrage nach Krediten zu decken. Allerdings ist das nicht die Weise, wie das Bankwesen heutzutage funktioniert. Unser Goldschmied/Bankier war nicht zufrieden mit dem Einkommen, das blieb, nachdem die Zinsen mit seinen Einlegern geteilt waren. Und die Nachfrage nach Krediten wuchs rapide, als die Europäer weltweit ausströmten. Aber Kredite waren durch die Menge an Gold im Tresor eingeschränkt. Dann hatte er eine noch dreistere Idee: Da niemand außer im selbst wusste, wie viel überhaupt in seinem Tresor war, konnte er sogar Schecks verleihen, die überhaupt nicht durch Gold gedeckt wären – solange alle Scheckbesitzer nicht gleichzeitig zum Tresor kämen, um ihr Gold abzuholen, wie sollte es jemand bemerken? Diese neue Intrige funktionierte sehr gut und der Bankier wurde reich durch Zinsforderungen für Gold, das gar nicht existierte. Diese Vorstellung, dass der Bankier einfach Geld aus dem Nichts schaffen könne war zu unerhört, um geglaubt werden zu können, also kam dieser Gedanke den Leuten lange nicht. Aber die Macht, Geld einfach zu „erfinden“, stieg dem Bankier zu Kopf, wie man sich wohl vorstellen kann. Mit der Zeit erregten das Ausmaß der Kredite und der pompöse Reichtum des Bankiers einmal mehr Verdacht. Einige Kreditnehmer verlangten wieder echtes Gold anstatt der papierenen Schecks. Gerüchte gingen um – plötzlich tauchten einige reiche Einleger auf, um ihr Gold zurückzufordern. Das Spiel war aus: Ein Meer von Scheckbesitzern versammelte sich auf der Straße vor den verschlossenen Türen der Bank. Tja, leider hatte der Bankier nicht genug Gold und Silber, um all das Papiergeld auszuzahlen, das er ihnen gegeben hatte. So etwas nennt man „Ansturm auf die Bank“ und das ist es, wovor sich jeder Bankier fürchtet. Dieses Phänomen eines Ansturms auf die Bank ruiniert einzelne Banken und, kaum überraschend, schädigt es zudem das öffentliche Vertrauen in alle Bankiers. Es wäre nahe liegend gewesen, die Praxis der „Gelderschaffung aus dem Nichts“ für illegal zu erklären, aber die großen Mengen an Krediten, die die Bankiers anboten, waren für den Erfolg des europäischen Wirtschaftswachstums notwendig geworden. Also wurde diese Praxis stattdessen legalisiert und reguliert. Die Bankiers verpflichteten sich, Beschränkungen auf die Menge des fiktiven Schuldgeldes zu achten. Diese Schranke wäre weiterhin eine viel größere Zahl als die tatsächliche Menge an Gold und Silber im Tresor. Sehr oft war das Verhältnis 9:1. Diese Regeln wurden durch Stichproben durchgesetzt. Es wurde auch abgemacht, dass im Falle eines Ansturms die Zentralbank örtliche Banken mit Notfalleinlagen unterstützen würde. Nur durch einen ausgedehnten Ansturm auf mehrere Banken gleichzeitig könnte die Kreditblase platzen und das System zusammenbrechen.

Das Geldsystem von heute

Über die Jahre wurde das „fractional reserve system“ und seine integrierten Banken, die von der Zentralbank geschützt werden, das beherrschende Geldsystem der Welt. Gleichzeitig wurde der Bruchteil des Goldes, der das Schuldgeld deckt, ständig kleiner – bis nichts mehr übrig blieb. Das grundlegende Wesen von Geld hat sich verändert: Früher verkörperte Geld einen Wert, heute repräsentiert es nur Schuld! Früher war der Papierdollar tatsächlich eine Quittung, die man bei der Zentralbank gegen eine feste Menge Gold oder Silber umtauschen konnte. Heutzutage kann man einen Papier- oder Digitaldollar nur gegen einen weiteren solchen umtauschen. Früher gab es privat geschaffene Kredite nur in Form privater Banknoten, die Leute als Zahlungsmittel ablehnen konnten, so, wie wir heute private Schecks ablehnen können. Heutzutage ist der privat geschaffene Kredit direkt tauschbar in „Fiat-Währung“ der Regierung – Die Dollars, Euros und Pfund, die wir gewohnheitsmäßig als Geld ansehen. Nun stellt sich also die Frage: Wenn Regierungen und Banken beide einfach Geld erschaffen können, wie viel Geld gibt es denn dann? In der Vergangenheit war die komplette Menge Geld, die es gab, beschränkt durch die tatsächlich, physische Menge an Gütern und Dienstleistungen, die als Geld genutzt wurden. Zum Beispiel: Um neues Gold- oder Silbergeld zu erschaffen, musste neues Gold oder Silber erst einmal gefunden und geschürft werden. Heutzutage wird Geld buchstäblich als Schuld erzeugt. Neues Geld wird geschaffen, wann immer jemand einen Kredit von der Bank annimmt. Folglich ist die Menge an Geld, die geschaffen werden kann, nur durch einen einzigen Parameter eingeschränkt ist: Dem kompletten Maß der Verschuldung. Regierungen schaffen ein zusätzliches satzungsmäßiges Limit auf die Geldmenge, indem sie Grenzwerte festlegen, die „fractional reserve requirements“ genannt werden. Im Wesentlichen mutwillig, sind diese Grenzwerte von Land zu Land und Zeit zu Zeit unterschiedlich. Früher war es üblich, wenigstens Gold im Wert eines Dollars als Deckung für zehn ungedeckte Dollars zu haben. Heutzutage gelten die Grenzwerte nicht länger für das Verhältnis Geld zu Gold, sondern gerade mal für das Verhältnis neues Schuldgeld zu vorhandenem Schuldgeld. Gegenwärtig bestehen die Reserven einer Bank aus zwei Dingen: der Menge an Bargeld oder Vergleichbarem, das die Bankiers bei der Zentralbank eingelegt haben, und der Menge an bestehendem Schuldgeld, das die Bank als Einlagen hat. Um das einfach zu veranschaulichen, stellen wir uns einmal vor, dass eine neue Bank gerade neu eröffnet hat und noch keinen Einleger hat. Allerdings haben die Investoren der Bank eine Einlage von 1.000$ – also tatsächlich vorhandenes Bargeld – bei der Zentralbank gemacht. Das benötigte Verhältnis von Schuldgeld zu Bargeld ist 9:1.

1. Schritt: die Türen sind geöffnet und die neue Bank begrüßt ihren ersten Kreditnehmer. Ein Mann braucht 9.000$, um ein Auto zu kaufen. Das Verhältnis von 9:1 erlaubt der Bank, durch ihre Reserven bei der Zentralbank – auch als „Turbogeld“ bekannt – einfach und ganz legal Geld zu „erfinden“, und zwar die neunfache Menge. Also 9.000$ auf Grundlage der Verpflichtung des Kreditnehmers. Diese 9.000$ kommen nirgendwo her – es ist einfach brandneues Geld, einfach in das Konto des Kreditnehmers getippt – als Bankkredit. Der Schuldner stellt dann einen Scheck darauf aus, um das Auto zu kaufen.

2. Schritt: die Verkäuferin des Autos löst nun diesen frisch erschaffenen Kredit von 9.000$ bei ihrer Bank ein. Im Gegensatz zum „Turbogeld“, eingelegt bei der Zentralbank, dürfen diese 9.000$ nicht mit dem festgelegten Verhältnis multipliziert werden – stattdessen wird es dadurch geteilt. Bei einem Verhältnis von 9:1 kann also immerhin ein weiterer Kredit von 8.000$ ausgestellt werden, auf der Grundlage des 9.000$ Schecks.

3. Schritt: Werden diese 8.000$ dann von einer 3. Partei bei derselben Bank eingezahlt, die sie geschaffen hat, oder auch bei einer anderen Bank, so entstehen daraus wiederum weitere Kredite, diesmal im Wert von 7.200$. Wie eine russische Matuschka, bei der jede Hülle eine weitere, kleinere beinhaltet, ermöglicht jede solche Einlage einen weiteren, kleineren Kredit – in einer unendlichen, fallenden Reihe.

Nun, wenn das erschaffene Schuldgeld nicht bei einer Bank landet, dann endet dieser Vorgang. Das ist der unvorhersehbare Teil des Gelderschaffungsmechanismus. Wahrscheinlich aber ist es, dass die Kredite bei jedem Schritt wieder ihren Platz bei einer Bank finden und der anschließende Vermehrungsprozess sich immer und immer wiederholen kann, bis irgendwann 100.000$ brandneues Geld im Bankensystem erschaffen wurden. Dieses ganze neue Geld wurde vollständig aus Schulden erschaffen, und der gesamte Prozess war gesetzlich erlaubt auf der Grundlage der eingänglichen Reserven von 1.000$ echten Dollars, die immer noch unberührt bei der Zentralbank liegen.Darüber hinaus: In diesem raffinierten System müssen die Bücher aller Glieder der Kette nachweisen, dass die Bank stets 10% mehr Ein- als Auslagen hat. Das gibt Banken einen echten Anreiz, Einlagen zu bekommen, um Kredite geben zu dürfen. Nur falls alle nachfolgenden Kredite bei derselben Bank landeten, könnte man sagen, dass eine Bank ihre anfänglichen „Turbogeldeinlagen“ von 1.000$ auf fast 100-fache Größe vermehrt hat, indem sie Bankkredite aus dem Nichts ausstellte. Allerdings ist das Bankensystem ein geschlossener Kreislauf – Bankeinlagen von einer Bank werden zu Einlagen bei einer anderen und umgekehrt. Im Idealfall völlig gleichberechtigter Umsätze wäre der schlussendliche Effekt genau derselbe, als würde der gesamte Prozess an nur einer Bank stattfinden. Und zwar: Die ursprünglichen Einlagen der Bank bei der Zentralbank im Wert von 1.000$ ermöglichen es ihr, im Endeffekt Zinsen auf bis zu 100.000$ zu beziehen, die die Bank nie besaß. Banken verleihen Geld, das sie nicht haben! Wenn das lächerlich anmutet, schaut hier: In den letzten Jahrzehnten sind durch beständigen Lobbyismus der Banken die Bedingungen, um neue Einlagen in der Zentralbank zu machen, in manchen Ländern so gut wie aufgehoben worden und das tatsächliche Verhältnis ist nicht unbedingt länger 9:1. Für manche Gattungen von Bankkonto sind 20:1 oder auch 30:1 üblich. In manchen Fällen gibt es gar keine Reserven. In jüngerer Zeit, in der man Kreditgebühren nutzt, um die nötigen Reserven vom Kreditnehmer zu beziehen, haben Banken einen Weg gefunden, Reservebedingungen komplett zu umgehen. Also auch wenn die Regeln komplex sind, merkt der gesunde Menschenverstand: Banken können soviel Geld erschaffen, wie wir leihen können.

Trotz der ständig gezeigten Münzanstalten macht von der Regierung ausgestelltes Geld normalerweise weniger als 5% der Geldmenge im Umlauf aus. Mehr als 95% alles heutzutage vorhandenen Geldes wurde erschaffen, indem jemand mit seiner Unterschrift eine Schuldverpflichtung gegenüber einer Bank einging. Hinzu kommt, dass dieses Schuldgeld in großen Mengen geschaffen und vernichtet wird – jeden Tag – indem neue Schulden gemacht werden und alte abbezahlt werden.

Banken können dieses Geldsystem nur betreiben, wenn die Regierung kooperiert. Zunächst verabschieden Regierungen Gesetze, die eine Währung als gesetzliches Zahlungsmittel etablieren. Dann erlauben es Regierungen den privaten Banken, Kredite in dieser Währung auszuzahlen. Weiterhin setzen staatliche Gerichte Schuldforderungen um. Zuguterletzt verabschieden Regierungen Regelungen, um die Funktionalität und Glaubwürdigkeit dieses Geldwesens in den Augen der Öffentlichkeit zu sichern, während sie rein gar nichts tun, um die Öffentlichkeit darüber zu informieren, woher Geld eigentlich kommt.Die einfache Wahrheit lautet: sobald wir auf der gepünktelten Linie unterschreiben, um einen so genannten Kredit zu erhalten, ist das einzige wirklich wertvolle bei diesem Handel unsere Verpflichtungen, ihn zurückzuzahlen. Denn Letztere ist abgesichert durch die Güter, die wir als Sicherheit angeben und im Falle der Insolvenz abgeben müssen. Für jeden der glaubt, dass wir unsere Verpflichtungen nachkommen werden, stellt dieser Vertrag oder Pfand ein handliches, tauschbares und verkäufliches Stück Papier dar. Es ist ein Schuldschein, der einen echten Wert darstellt und daher eine Art Geld ist. Es ist genau das Geld, das der Schuldner gegen seinen so genannten Kredit tauscht. Nun bedeutet aber ein Kredit in der echten Welt, dass der Geber etwas zu verleihen haben muss. Wenn man einen Hammer benötigt, wird die Leihgabe eines Hammers, den es nicht gibt, nicht viel helfen. Aber in der künstlichen Welt des Geldes darf das Versprechen einer Bank, Geld zurückzuzahlen, das sie nicht hat, als Geld verbreitet werden und wir akzeptieren es als solches. Sobald der Kreditnehmer den Schuldvertrag unterschreibt, erfüllt die Bank ihren Teil des Handels, indem sie mit wenigen Tastenanschlägen ein entsprechendes Guthaben des Schuldners bei der Bank erschafft. Vom Standpunkt des Schuldners wird daraus Schuldgeld auf seinem oder ihrem Konto. Weil die Regierung zulässt, dass die Schuld der Bank gegenüber dem Kreditnehmer in Fiatwährung der Regierung verwandelt werden kann, muss jeder dieses so annehmen – als Geld. Und wieder ist die zugrunde liegende Wahrheit sehr einfach: Ohne den Schuldvertrag, den der Kreditnehmer unterschrieben hat, hätte der Bankier rein gar nichts zu verleihen.

Haben sie sich je gewundert, wie jeder – Regierungen, Konzerne, kleine Unternehmen, Familien – alle gleichzeitig verschuldet sein können, und in diesem astronomischen Ausmaß? Haben sie sich je gefragt, wie überhaupt soviel Geld zum Verleih existieren kann? Jetzt wissen sie es! Banken verleihen kein Geld, sie erschaffen es ganz einfach aus Schulden. Und da Schulden potentiell unbegrenzt sind, ist es auch der Nachschub an Geld. Und wie sich herausstellt, ist das Gegenteil ebenfalls wahr: Keine Schulden, kein Geld. Ist es nicht erstaunlich, dass trotz des unglaublichen Reichtums an Ressourcen, Innovation und Produktivität, die uns umgeben, beinahe jeder von uns – von der Regierung über Unternehmen bis zu Individuen – schwer bei den Bankiers verschuldet sind? Wenn die Leute nur innehalten und nachdenken würden. Wie kann das sein? Wie kann es sein, dass die Leute, die tatsächlich den ganzen Reichtum in der Welt herstellen, verschuldet sind – bei denen, die gerade mal das Geld verleihen, das diesen Reichtum darstellt. Noch erstaunlicher ist, dass sobald wir begreifen, dass Geld eigentlich Schuld ist, wir begreifen, dass, würde es keine Schulden geben, es gar kein Geld gäbe. Die meisten stellen sich vor, wenn alle Schulden abbezahlt wären, täte es der Wirtschaft gut. Das stimmt sicherlich von einem persönlichen Standpunkt: Genau wie wir mehr Geld zum Ausgeben haben, sobald unsere Kreditabzahlung beendet sind, glauben wir, dass falls jeder schuldenfrei wäre, es insgesamt mehr Geld zum Ausgeben gäbe. Aber genau das Gegenteil wäre der Fall: Es gäbe überhaupt gar kein Geld mehr. So ist es also: wir sind vollkommen abhängig von ständig neuen Bankkrediten, damit es überhaupt Geld gibt. Keine Kredite, kein Geld – genau das, was während der Wirtschaftskrise passierte. Der Geldnachschub schwand drastisch, als der Nachschub an Krediten nachließ. Wenn die Banken reichlich künstliches Geld herstellen, herrscht Wohlstand.

Fortwährende Schulden

Und das ist noch nicht alles: Banken erschaffen nur das Grundkapital. Sie erschaffen nicht die Menge, die für die Zinsen erforderlich ist. Doch wo soll die herkommen? Der einzige Ort, an den Schuldner gehen können, um das Geld zu bekommen, um die Zinsen zu bezahlen, ist die allgemein zugängliche Geldmenge. Aber fast alles darin wurde auf genau dieselbe Weise erschaffen – als Bankkredit der zurückbezahlt werden muss – mit mehr, als erschaffen wurde. Also gibt es überall andere Schuldner in derselben Lage: Verzweifelt versuchend, das Geld zu bekommen, dass sie brauchen, um Schulden und Zinsen zurückzuzahlen – aus der gesamten Geldmenge, die nur auf Grundschulden beruht. Es ist eindeutig unmöglich, dass jeder Grundschuld und Zinsen zurückzahlen kann, da das Geld für die Zinsen nun mal nicht existiert. Das große Problem ist, dass bei langfristigen Krediten, wie Hypotheken und Staatsverschulden, die totalen Zinsen bei weitem die Grundschuld übertreffen. Es sei denn es wird eine Menge zusätzliches Geld erschaffen, um die Zinsen zu zahlen. Das führt zu einer sehr hohen Zahl an Insolvenzen und Schließungen und einer nicht funktionierenden Wirtschaft. Um eine funktionierende Gesellschaft aufrechtzuerhalten, muss die Quote der Insolvenzen niedrig sein. Um das zu erreichen, muss immer mehr Schuldgeld erschaffen werden, um den heutigen Bedarf an Geld zu stillen, also nur um Zinsen zu bezahlen. Aber selbstverständlich wird dadurch die Gesamtschuld größer und das führt zu immer mehr Zinsen, was schließlich auf eine dauerhaft eskalierende und unausweichliche Spirale expotentiell steigender Verschuldung hinausläuft. Es liegt nur an der Zeitverzögerung zwischen der Gelderschaffung als Krediten und seiner Zurückzahlung, dass die allgemeine Geldknappheit nicht die Tatsachen einholt und das System zusammenbricht. Wie dem auch sein, während das unersättliche Kreditmonster der Banken größer und größer wird, wird die Notwendigkeit, mehr und mehr Geld zu erschaffen, um es zu füttern, immer dringlicher. Wieso sind die Zinssätze so niedrig? Wieso erhalten wir unaufgefordert Kreditkartenwerbung mit der Post? Wieso gibt die US Regierung Geld schneller aus als je zuvor? Könnte es ein Aufschieben des Zusammenbruchs des gesamten Geldsystems sein? Ein vernünftiger Mensch muss fragen: Kann das echt ewig so weitergehen? Ist ein Zusammenbruch nicht unausweichlich?

Geld vereinfacht Produktion und Handel. Steigt der Geldnachschub, verliert Geld zunehmend an Wert – es sei denn die Menge an Handel und Gütern steigt proportional. Es wird gesagt, die Wirtschaft wachse um 3% pro Jahr. Das klingt wie eine stetige Rate, aber das ist sie nicht. 3% in diesem Jahr stellen mehr Güter und Dienstleistungen dar als 3% im letzten Jahr, denn es sind 3% des neuen Gesamtwertes. Statt einer Geraden, die man sich anhand der Worte vorstellt, ist es in Wirklichkeit eine expotentielle Kurve, die steiler und steiler wird. Das Problem ist natürlich, dass ständiges Wachstum der echten Wirtschaft ständig ansteigenden Gebrauch von Rohstoffen und Energie erfordert. Mehr und mehr Dinge müssen aus Rohstoffen in Müll verwandelt werden, jedes Jahr, bis in alle Ewigkeit – Nur um den Zusammenbruch des Systems abzuhalten. Was können wir gegen diese geradezu Furcht einflößende Lage tun? Eine Sache wäre, ein grundverschiedenes Konzept von Geld anzuerkennen. Es ist an der Zeit, dass mehr Leute sich und ihren Regierungen vier einfache Fragen stellen. Rund um die Welt leihen Regierungen Geld gegen Zinsen von privaten Banken – Staatsverschuldung ist ein wesentlicher Teil der Totalverschuldung. Die Zinsen zu decken bedarf eines großen Teils unserer Steuern. Nun wissen wir, dass Banken das Geld, das sie verleihen, einfach „erfinden“ und Regierungen haben ihnen die Erlaubnis erteilt, das zu tun. Die erste Frage ist: Warum leihen Regierungen das Geld von privaten Banken gegen Zinsen, wenn sie das Geld, das sie benötigen, genauso gut selbst – und zinsfrei – erstellen könnten? Die zweite Frage lautet: Wieso überhaupt Geld als Schuld generieren? Wieso nicht Geld schaffen, das ständig umläuft, und nicht fortwährend gegen Zinsen erneut geliehen werden muss, um überhaupt zu existieren? Die dritte Frage: Wie kann ein Geldsystem, das nur unter andauern beschleunigtem Wachstum funktioniert, genutzt werden, um eine nachhaltige Wirtschaft zu schaffen? Ist es denn nicht einleuchtend, dass andauernd beschleunigtes Wachstum und Nachhaltigkeit inkompatibel sind? Zuguterletzt: Warum ist unser jetziges System vollständig abhängig von andauerndem Wachstum? Was muss geändert werden, um die Entstehung einer nachhaltigen Wirtschaft zu ermöglichen?

Wucher

Es gab eine Zeit, da wurden jegliche Zinsnahmen auf Kredite als Wucher bezeichnet und mit harten Strafen geahndet, bis hin zum Tod. Jede große Religion verbat Wucher. Die meisten Argumente gegen diese Praxis waren moralischer Natur. Es war anerkannt, dass der einzige legitime Zweck des Geldes die Vereinfachung des Handels echter Güter und Dienstleistungen war. Jedwede Art, Geld zu verdienen einfach indem man Geld hatte, wurde als Verhalten eines Parasiten angesehen – oder eines Diebes. Als jedoch der Kreditbedarf des Handels anstieg wurden moralische Argumente schließlich durch das Argument abgelöst, dass Geldverleih ein Risiko beinhalte als auch eine Gelegenheitseinbuße des Verleihers, und somit das Bestreben des Verleihers, einen Profit daraus zuschlagen, berechtigt sei. In der heutigen Zeit erscheint dieser Gedanke altmodisch. Heutzutage wird das Prinzip, Geld aus Geld zu machen, als Ideal angesehen, das man anstrebt – wieso sollte man arbeiten, wenn man sein Geld für sich „arbeiten“ lassen kann? Jedoch, wenn man versucht sich eine nachhaltige Zukunft vorzustellen, ist klar, dass Zinsnahme nicht nur unmoralisch, sondern auch ein handfestes, systematisches Problem ist. Stellen sie sich ein Gesellschaft und Wirtschaft vor, die über Jahrhunderte überdauern kann, denn, anstatt ihre Hauptvorräte an Energie zu plündern, beschränken sie sich auf ihren täglichen Ertrag. Es wird nicht mehr abgeholzt als in derselben Zeit nachwächst. Diese Gesellschaft lebt innerhalb der Grenzen ihrer nicht erneuerbaren Rohstoffe, indem sie alles wieder verwendet und recycelt. Die Bevölkerung erhält sich selbst und bleibt stabil. Eine solche Gesellschaft könnte niemals funktionieren auf Grundlage eines Geldsystems, das vollkommen von andauernd beschleunigten Wachstum abhängt. Eine stabile Wirtschaft würde ein Geldwesen benötigen, das zumindest in der Lage ist, stabil zu bleiben ohne zu kollabieren. Nehmen wir an, ein kreisrunder Kuchen stellt das Gesamtvolumen einer stabilen Geldmenge dar. Nehmen wir weiterhin an, dass Geldverleiher tatsächlich Geld besitzen müssen, um es zu verleihen. Wenn nun manche innerhalb dieser Geldmenge anfingen, systematisch Geld gegen Zins zu verleihen, würde ihr Anteil an der Geldmenge wachsen. Wenn sie alles beständig weiterverleihen würden – eingeschlossen der eingenommenen Zinsen – was wäre das unausweichliche Ergebnis? Ob nun Gold, Fiat- oder Schuldgeld – es ist gleich: Die Geldverleiher hätten schließlich alles Geld. Und nach den Schließungen und Insolvenzen sogar noch alle echten Besitztümer. Nur wenn die Gewinne des Verleihs gegen Zins gleichmäßig innerhalb der Bevölkerung verteilt würden, wäre das Kernproblem beseitigt. Schwere Besteuerung von Bankgewinnen könnte dieses Ziel erreichen – aber wieso sollten Banken dann weiterhin Interesse an ihrem Geschäft haben? Wenn wir jemals in der Lage sein wollen, uns aus der derzeitigen Lage zu befreien, könnten wir uns das Bankenwesen, geführt als gemeinnützigen Dienst an der Gesellschaft vorstellen, der die Zinseinnahmen als allgemeine Bürgerdividende ausschüttet – oder verleiht ohne überhaupt Zinsen zu verlangen.

Das System verändern

Wenn es die grundlegende Natur des Systems ist, die die Probleme verursacht, wird das Drehen an ein paar Stellschrauben im Grunde nichts bewirken. Das System selbst muss ausgetauscht werden. Viele Kritiker des Geldwesens fordern eine Rückkehr zum Gold gedeckten Geld und behaupten, Gold habe eine lange Geschichte der Verlässlichkeit. Sie vernachlässigen aber die vielen Schwindel, die mit Gold betrieben werden können: Münzen abschaben, das Metall verdünnen, den Markt bestimmen – was alles reichlich im alten Rom betrieben wurde und zu seinem Niedergang beitrug. Manche befürworten Silber, da es häufiger vorkommt als Gold und es deswegen schwieriger zu monopolisieren ist. Viele stellen sich die Frage, ob man überhaupt zurück zu Edelmetallen wechseln sollte – niemand möchte wieder schwere Beutel mit Münzen herumschleppen, um einkaufen zu gehen. Mit Sicherheit wäre Papier-, Digital-, Plastik- oder biometrisch gekennzeichnetes Geld tatsächliche das Tauschmittel mit demselben Potential, unendlich viel Schuldgeld zu erschaffen, dass wir bereits heute haben. Darüber hinaus: würde Gold einmal mehr die einzige legale Grundlage des Geldes sein, hätten die, die kein Gold besitzen, auf einmal kein Geld. Andere Befürworter einer Währungsreform schlussfolgerten, dass Gier und Unehrlichkeit die Hauptprobleme sind und das es bessere Wege geben muss, einen ehrliches und gerechtes Geldsystem zu schaffen als wieder auf Gold oder Silber zu bauen. Viele private Tauschsysteme erzeugen Geld als Schuld, so wie es Banken tun, aber es wird offen gemacht und ohne Zinsen zu fordern. Ein Bsp. Ist ein Tauschsystem, in dem Schulden als Verpflichtung für Arbeitsstunden ausgedrückt werden – wobei alle Arbeit mit einem Geldbetrag gleich bewertet wird, der dann den Tausch von Stunden in den Preis von Gütern erlaubt. Diese Art Geldwesen kann von jedem aufgestellt werden, der eine Möglichkeit hat, die Buchführung zu erledigen, und gewillte, vertrauenswürdige Beteiligte zu finden. Ein lokales Tauschsystem zu erstellen, selbst wenn es im Moment kaum von Nutzen wäre, wäre ein umsichtiger Plan für den Notfall in jeder Gemeinde. Um eine Wirtschaft auf Grundlage von dauerhaftem, zinslosem Geld zu erschaffen, könnte Geld einfach von der Regierung erschaffen und der Wirtschaft zugeführt werden. Vorzugsweise durch den Bau haltbarer Infrastruktur, die der Wirtschaft nutzt. Dieses Geld würde nicht als Schuld erschaffen werden, sondern als Wert. Würde dieses Geld dann einen entsprechenden Handelszuwachs fördern, würde das überhaupt keine Inflation nach sich ziehen. Wenn Regierungsausgaben aber doch zu Inflation führen würden, gäbe es zwei Möglichkeiten: Inflation als Entsprechung einer allgemeinen Steuer auf Geld – ob das Geld nun 20% an Wert verliert oder ob die Regierung 20% des Geldes von uns einzieht, die Auswirkungen auf unsere Kaufkraft sind dieselben. So gesehen könnte Inflation anstelle von Besteuerung politisch vertretbar sein – wenn damit gut und in den Grenzen gehaushaltet wird. Oder aber die Regierung könnte Inflation entgegenwirken, indem sie Steuern aus dem System entzieht und somit die Geldmenge verringert und ihren Wert stabilisiert. Um Deflation zu steuern würde die Regierung einfach mehr Geld schaffen und ausgeben. Ohne konkurrierende, private Schuldgeldherstellung hätten Regierungen wirksamere Mittel, um die Geldmenge ihres Staates zu kontrollieren. Die Öffentlichkeit wüsste, wer die Schuld trägt, wenn etwas schief liefe. Regierungen würden an ihrer Fähigkeit, den Geldwert stabil zu halten, gemessen werden. Die Regierungen würde weiterhin durch Steuern finanziert, wie jetzt schon, aber die Steuergelder würden sehr viel mehr nützen, da nichts davon gebraucht werden würde, um Zinsen an private Bankiers zu bezahlen. Es könnte keine Staatsschuld geben, falls die Regierung einfach das benötigte Geld schaffen würde. Unsere gemeinschaftliche, ständige Knechtschaft zu den Banken durch Zinsen auf Staatsschuld, wäre nicht länger möglich.

Freitag, 12. Oktober 2007

Tolle Filme

Hier eine Liste meiner Lieblingsfilme, die sich ständig erweitert. Die Reihenfolge dieser Auflistung hat nichts zu bedeuten.

- Uhrwerk Orange (Stanley Kubrick)
- Wilde Erdbeeren (Ingmar Bergmann)
- Rio Bravo (Howard Hawks)
- Psycho (Alfred Hitchcock)
- Schindlers Liste (Steven Spielberg)
- Die fabelhafte Welt der Amelie (Jean-Piere Jeunet)
- Lost in translation (Sofie Coppola)
- About Schmidt (Alexander Paynes)
- The Man who wasn’t there (Ethan und Joel Coen)
- High noon (Fred Zimmermann)
- Mulholand Drive (David Lynch)
- Barry Lyndon (Stanley Kubrick)
- Blow up (Michelangelo Antonioni)
- Caché (Michael Haneke)
- Magnolia (Paul Thomas Anderson)
- Die zwölf Geschworenen (Sidney Lumet)
- In der Mitte entspringt ein Fluss (Robert Redford)
- Pulp Fiction (Quentin Tarantino)
- Im Westen nichts Neues (Lewis Milestone)
- The Shining (Stanley Kubrick)
- Einer flog übers Kuckucksnest (Miles Forman)
- Der Pianist (Roman Polanski)
- Der große Diktator (Charley Chaplin)
- Das Leben ist schön (Robert Benigni)
- Im Zimmer meines Sohnes (Nanni Moretti)
- Rain Man (Barry Levinson)
- Monster's ball (Marc Forster)
- Of Man and Mice (Russ Smith)
- Ben Hur (William Wyler)
- Sideways (Alexander Paynes)
- Montags in der Sonne (Fernando Léon de Aronea)
- Alles über meine Mutter (Pedro Almodovar)
- Spartakus (Stanley Kubrick)
- L.A. Crash (Paul Haggis)
- The Color of Paradise (Majid Majidi)
- Paris, Texas (Wim Wenders)
- Menschenfeind (Gaspar Noé)
- Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben (Stanley Kubrick)
- Rashomon (Akira Kurosawa)
- Das Duell (Steven Spielberg)
- Die Klavierspielerin (Michael Haneke)
- Cyclo (Tran Anh Hung)
- Wege zum Ruhm (Stanley Kubrick)
- 2001: Odysee im Weltraum (Stanley Kubrick)
- Der Sohn (Jean-Pierre und Luc Dardenne)

Montag, 8. Oktober 2007

Der zugegebenermaßen leicht überspitzte und stark polarisierende Bericht über die „guten“ und die „bösen“ Schweine in einer Bühler Fabrik

Der folgende Bericht soll all denjenigen, die bisher noch nicht das unliebsame Vergnügen hatten, in der Produktion tätig gewesen zu sein, schildern, warum jeder Mensch, der in der Fabrik arbeitet, metaphorisch gesprochen ein Schwein ist – entweder ein armes oder ein widerwärtiges! Als Erfahrungsgrundlage soll mir ein Werk in Bühl (Baden) dienen, in dem ich für ein paar Wochen als Aushilfskraft arbeiten durfte.

In der Fabrik hat man es wie gesagt mit zwei Typen Mensch zu tun. Erstere Art Fabrikmensch verrichtet eine monotone, geistlose Arbeit an einer Maschine oder an einem Prüfwerkzeug, die sich als zigmalige Wiederholung eines einfachen Handgriffs bzw. einer simplen Fußbewegung beschreiben lässt. Schon nach kurzer Zeit muss sich der Arbeiter mit der Erkenntnis konfrontiert sehen, dass er ähnlich automatisch funktioniert wie die Maschine, welche er bedient. Oder ist es gar umgekehrt: bedient die Maschine ihn? Egal, man kann es so oder so sehen, Fakt bleibt: als einfacher Fabrikarbeiter arbeitet man unter seinen kognitiven und kreativen Möglichkeiten. Das Schlimme ist: wer das zu lange tut, merkt das bald nicht mehr. Man glaubt nicht mehr daran, dass man mehr kann als Tag für Tag Teil für Teil zu produzieren. Das ist zwar schade für den Arbeiter, liegt aber im Interesse der Arbeitgeber. Denn durch die Monotonie der Arbeit und der daraus resultierenden schleichenden Verblödung oder versäumten Weiterbildung der Arbeiter gelingt es, die Ansprüche der Arbeiter an ihren Arbeitgeber und vor allem an sich selbst bescheiden zu halten. Denn nur wenn sich jeder Arbeiter klaglos seinem „Schicksal“ in der Fabrik fügt, kann das Funktionieren des Produktionsprozesses gewahrt bleiben.
Als Ergebnis jahrelanger Verblödung oder jahrelang versäumter Weiterbildung lässt sich eine geistig-kreative Interessenarmut unter den Arbeitern feststellen. So kommt es schon vor, dass die Arbeiter außerhalb ihrer Arbeit gar nichts mit ihrer Freizeit anzufangen wissen und ihren Existenzsinn gezwungenermaßen in der Fabrikarbeit suchen. Letzteres klingt vielleicht verrückt, aber schließlich lässt sich soziale Anerkennung und damit verbundenes Glück so ziemlich überall erfahren, wo Menschen in sozialen Kontakt miteinander treten – also auch in der Fabrik. Die Fabrikchefs und uns Verbraucher sollte es im Grunde freuen, dass es Arbeiter gibt, die ihren Fabrikjob als weniger trist wahrnehmen als manch ein Außenstehender glauben mag. Allerdings haben viele Arbeiter noch nie eine abwechslungsreiche, ihren Fähigkeiten entsprechende Arbeit unter besseren Arbeitsbedingungen ausgeübt. Und wer es besser nicht kennt, gibt sich eben schnell mit dem zufrieden, was er hat. Nur so lässt sich erklären, warum es viele Arbeiter sogar relativ widerstandslos in Kauf nehmen, regelmäßig ihr eigentlich freies Wochenende „verkaufen“ und ihre Interessen, ihre Familie und Freunde in den Hintergrund stellen zu müssen.
Neben der Eintönigkeit, welche die Arbeit zu einem tagtäglich acht Stunden währenden Kampf gegen die Uhr verwandelt, und der Belastung durch die aufgezwungenen Überstunden, hat der Arbeiter ein mehr oder weniger menschenwidriges Arbeitsumfeld auszustehen. Davon zeugen u.a. eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse, die sich nur durch Ohrenschutz dämpfen lässt, und eine verschmutzte Fabrikluft, der sich der Arbeiter weitgehend hilflos ausgesetzt sieht. Da mutet es fast zynisch an, dass in manchen Fabriken Rauchverbote gelten, wo es doch angebrachter wäre, die Arbeiter vor den Emissionen der Maschinen, der Stapler und vor anderen Giften zu schützen. „Lieber 20 Zigaretten rauchen als diese Luft einatmen“, meint ein Arbeiter stellvertretend für viele seiner Kollegen. Folglich könnte nicht wenige Arbeiter das Schicksal ereilen, Jahre lang in einer Fabrik zu arbeiten, immerfort in die Rentenkasse einzuzahlen und dann an den Folgen des an ihrem Körper praktizierten gesundheitlichen Raubbaus jung zu sterben. Also wahrlich keine schönen Perspektiven für das arme Schwein von Fabrikarbeiter: Langweilige, psychisch abstumpfende, körperlich krankmachende Arbeit! Früher Tod?

Nun zum anderen Typus des Fabrikmenschen – den Chefs: sie haben normalerweise ein Studium oder zumindest eine Ausbildung durchlaufen und können sich daher einer weniger ermüdenden Arbeit erfreuen. Die meiste Zeit des Tages sitzen sie im Meisterbüro am PC; alle paar Stunden, wenn ihr Sitzfleisch ermattet und sie ihre eingeschlafenen Beine vertreten wollen, laufen sie eine Kontrollrunde durch ihren Verantwortungsbereich. Dort erkundigen sie sich dann bei den Arbeitern nach dem „Befinden“ der Maschinen und nach der Qualität wie Quantität ihrer Erzeugnisse - das alles meist in einem herrisch-arroganten Ton und Gesichtsausdruck, der keinen Zweifel daran lässt, wer in der Fabrik das Sagen hat. Lediglich an Sommertagen ziehen es manche Chefs gerne vor, in ihrem klimatisierten, vom Maschinenlärm abgeschirmten Büro zu verbleiben statt den Arbeitern auf die schweißnassen Finger zuschauen. Schließlich gibt es noch andere, verdecktere Methoden, sich als Chef des Fleißes und der Zuverlässigkeit der Arbeiter zu vergewissern. Vom Meisterbüro aus lässt sich via Computer bei einer Tasse Kaffee bequem verfolgen, wie viele gute und schlechte „Teile“ der einzelne, gläserne Arbeiter fabriziert. Denn augenscheinlich schert sie nur eines: hohe Stückzahlen und niedrige Schrottmengen.
Wer sich aber als verantwortlicher Chef nicht für eine generelle Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Arbeiter (z.B. kürzere Arbeitszeiten; höherer Stundenlohn; sauberere Fabrikluft; eine Art Rotationsprinzip, sodass nicht jeder immer an der gleichen Maschine arbeiten muss; Aufhebung des „faktischen“ Zwangs zur Drei-Schichtarbeit u.v.m.) einsetzt, sondern stattdessen den Arbeitern zumutet, eigene Bedürfnisse und Interessen immer weiter zurückzustellen, ist in meinen Augen ein ekelhaftes Schwein, ein widerwärtiger Mensch.