Donnerstag, 22. November 2007

Buchrezension: Scharr, Patricia: Good Governance in Afghanistan?, Nürnberg 2006.

Die SPD-Jungpolitikerin Patricia Schnarr untersucht in ihrem wissenschaftlich fundiertem Buch „Good Governance in Afghanistan?“ die Frage, inwiefern eine „gute Regierungsführung“ Afghanistan aus der Krise hilft bzw. helfen kann. Das Buch ist letztes Jahr im F. Seidl Verlag in Nürnberg erschienen, es hat 132 Seiten und kostet 21,95 €.

In ihrem Buch erläutert Schnarr u.a. zwei zentrale Begriffe, die die heutigen Probleme Afghanistans kennzeichnen: den transnationalen Terrorismus und die fragile Staatlichkeit. Alle anderen Probleme ließen sich auf diese beiden zurückführen. Dem transnationalen Terrorismus von heute gehe es im Gegensatz zum nationalen und internationalem Terrorismus nicht um „eine nationale Sache“, sondern „um die Veränderung der Welt bzw. einer Weltregion“ (S. 21). Aus diesem Grund könnten seit dem 11. September 2001 jegliche Menschen aller Nationen ins Visier von Terroristen geraten. Das gelte erst recht, zumal die technischen Neuerungen im Bereich der Kommunikationsmittel Al-Quaida & Co. die Möglichkeit zur grenzüberschreitende Koordinierung und Durchführung von Attentaten in allen Herren Ländern eröffneten. Das Zeitalter des Internet erlaube es den Terroristen, aus jedem Winkel der Erde und effizienter als je zuvor potentielle Kämpfer anzuwerben. Dabei kämen für die transnationale „Mission“ Al-Quaidas nicht nur religiöse Fundamentalisten, sondern auch Kräfte aus anderen Terrorgruppen sowie Personen aus dem kriminellen Milieu infrage.
Als Triebfeder der Anhängerschaft des transnationalen Terrorismus fungiere v.a. eine einheitliche Ideologie, die sich am deutlichsten im Hass auf die westliche Welt niederschlage. Aber auch Aspekte wie Armut, Perspektivlosigkeit etc. könnten für den Einzelnen ausschlaggebend für den Schritt vom Sympathisanten zum Terroristen sein. Der transnationalen Streuung einzelner, jedoch zusammengehörender Terrorzellen zum Trotz, bräuchten aber auch Terrornetzwerke einen „Stammsitz“, der den Terroristen als Rückzugs-, Ausbildungsort und/oder als Kommandozentrale diene. Schnarr fragt sich schließlich, welche Art von Staat Terroristen einen solchen Aufenthalts- oder Aktionsraum anböte.

Offensichtlich seien es in erster Linie so genannte failing oder failed states, die sich durch eine fragile Staatlichkeit definierten – in unserem Fall also Afghanistan. Fragile Staatlichkeit liefere Terroristen für ihre Zwecke einen idealen Resonanzboden. Umgekehrt könne aufkeimender Terrorismus eine intakte Staatlichkeit zerbrechen lassen. Über das Zerfallsstadium eines Staates gäben Ausprägungsgrade gewisser Indikatoren, wie der Zustand des staatlichen Gewaltmonopols, der Rechtssicherheit oder der sozialen Infrastruktur, Aufschluss. Um den beiden sich anscheinend magnetisch anziehenden Problempolen des transnationalen Terrorismus und der fragilen Staatlichkeit wirksam zu begegnen, müsse die internationale Gemeinschaft, einschließlich die deutsche Entwicklungs- und Außenpolitik auf zweigleisiges Handeln in Afghanistan setzen. D.h., dass der Terrorismus kurzfristig bekämpft, zugleich aber auch langfristig verhindert werden müsse. Die Ausbildung einer ausreichend starken afghanischen Armee und Polizei, die den Terroristen Paroli leisten könne, sowie nachhaltige strukturelle Maßnahmen, die auf state- und nation-building zielten, bedingten einander. State-building meint hier den (Wieder-)Aufbau staatlicher Strukturen, also hauptsächlich den Aufbau eines funktionierenden Regierungs-, Verwaltungs-, Rechts- und Wirtschaftssystems sowie einer sozialen Infrastruktur. Selbstverständlich dürfe das alles nur unter Berücksichtigung bestehender traditioneller Strukturen und im Konsens mit der Mehrheit der afghanischen Bürgerinnen und Bürger geschehen. Nicht weniger wichtig für eine dauerhafte Befriedung Afghanistans sei der „langfristige Prozess des Zusammenwachsens von Staat und Bevölkerung (Nation) im Sinne einer Herausbildung kollektiver Identitätsstrukturen“ (S. 89), kurz: nation-building.

Das Good Governance-Konzept, das im Titel dieses Buches von Schnarr anklingt, strebt letztendlich nichts Geringeres an, als die Entwicklung zu einer am Gemeinwohl orientierten politische Praxis auf Grundlage der soeben beschrieben staatlichen Strukturen. Sicher ist die Frage, was genau dem Gemeinwohl gut tue, strittig. Nichtsdestotrotz bestehe innerhalb der internationalen Gemeinschaft zumindest Einigkeit darüber, dass mit Good Governance v.a. Parameter, wie der Schutz der Menschenrechte, Fortschritte in Sachen Demokratisierung sowie eine intakte Rechts- und Sozialstaatlichkeit, verknüpft sein müssten.

Im Hinblick auf die bisherige deutsche Afghanistan-Politik seit 2001, die sich an den Zielvorgaben der Good Governance-Kriterien messen lassen müsse, kommt Schnurr zu einem ernüchternden, aber nicht zu einem entmutigenden Ergebnis.
Die afghanische Tradition schwacher Staatlichkeit, die nach wie vor prekäre Sicherheitslage sowie die vielerorts vorherrschende Schattenökonomie untergrüben die frisch errichteten und die noch in der Entstehung begriffenen staatlichen Strukturen. Deshalb sei es zwingend erforderlich, den Einfluss und die Gewalt seitens lokaler Warlords und der Terroristen noch entschiedener als bisher zu unterbinden. Ein anderer Hauptkritikpunkt Schnarrs bezieht sich auf die humanitären und zivilen Projekte in Afghanistan, die ihrer Meinung nach – wie so viele andere Dinge – finanziell noch stärker gefördert werden müssten.
Das nach dem Sturz der Taliban gesamtgesellschaftlich betrachtet erfreulichste Ergebnis sei vielleicht die Präsidentenwahl im November 2004 gewesen, an der 80% der wahlberechtigten Afghaninnen und Afghanen ihre Stimme abgaben.
Alles in allem, so lässt sich Schnarrs Erkenntnis zusammenfassen, führe die Strategie der Good Governance Afghanistan auf den richtigen Weg, vieles müsse die internationale Gemeinschaft, Deutschland und Afghanistan in ihren Bemühungen, Frieden und Ordnung zu schaffen, aber noch besser machen.

Diesen Standpunkt vertritt Schnarr sicherlich nicht allein. Im Gegenteil: tatsächlich sind zumindest betreffs des ISAF-Einsatzes (bis auf die Linkspartei) alle Bundestagsfraktionen, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie das Auswärtige Amt mehr oder weniger geschlossen der Überzeugung, die Zielrichtung der deutschen Afghanistan-Politik stimme. Dass zu einer endgültigen Stabilisierung und Befriedung Afghanistans noch weitere Anstrengungen unternommen werden müssen, versteht sich von selbst. Schnarrs Arbeit bereichert also keineswegs das tagtäglich über die Medien vermittelte Standardwissen über Afghanistan und den Terrorismus bzw. das, was man allgemein dazu zu wissen glaubt. So verwendet sie beispielsweise einige Seiten des Buches dafür, das Neuartige am transnationalen Terrorismus aufzuzeigen, bleibt dabei aber eher oberflächlich und lässt sich nicht auf eine tiefere inhaltliche Auseinandersetzung mit der Ideologie und den religiösen Wertvorstellungen der Terroristen ein. Interessante Fragen wie diese, ob die Ideologie der Terroristen tatsächlich religiös motiviert oder ob Religion nur ein Vorwand zum Extremismus ist, werden demnach leider ausgespart. Weiter ist zu bemängeln, dass das Konzept der Good Governance von ihr sehr theoretisch als Allheilmittel gegen Staatszerfall und Terrorismus angeführt wird, ohne dies anhand anschaulicher praktischer Beispiele zu belegen. Zahlenbeispiele, die einen Fortschritt im Bezug auf state- und nation-building dokumentieren könnten, werden so gut wie nicht genannt. Trotz allem ist das Buch als Einführungsliteratur, das einen Überblick über die Kernprobleme Afghanistans verschafft, durchaus geeignet.
Das Buch ist strukturell klar gegliedert: etwa bis zur Hälfte des Buches wird ganz allgemein das Wesentliche einer „guten Regierungsführung“, der transnationale Terrorismus und die Problematik fragiler Staatlichkeit vorgestellt und miteinander in Verbindung gebracht; im Rest des Buches münzt die Autorin ihre gewonnen Erkenntnisse auf das Beispiel Afghanistan und versucht daraus Schlüsse für eine sinnvolle Afghanistan-Politik zu ziehen. Eine klare Linie ist also erkennbar. Schnarrs Sprachstil der kurzen und prägnanten Sätze ist sachlich und unkompliziert, sodass einem das Lesen leicht fallen dürfte. Auch die Kürze der einzelnen Unterkapitel trägt dazu bei, den Lesestoff schnell und ohne Konzentrationsverschleiß nach und nach abzuarbeiten. Zu der Quellenauswahl der Arbeit ist zu bemerken, dass sich Schnarr fast ausschließlich auf sozialwissenschaftliche Publikationen sowie auf Veröffentlichungen des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stützt. Leute aus der Politik werden nur vereinzelt zitiert.
Insgesamt wird die Arbeit – gemessen an ihrem relativ überschaulichem Umfang von 132 Seiten – ihrem Anspruch, ein grobes Bild über die Wirksamkeit und die bisherigen Erfolge des Good Governance in Afghanistan zu zeichnen, gerecht. Die Betonung liegt auf ‚grob’. Wer sein Wissensschatz über das geläufige Basiswissen hinaus wirklich verfeinern will, muss sich anderweitig umsehen. Der Ladenpreis des Buches ist mindestens um die Hälfte zu hoch.

Freitag, 9. November 2007

Satire wider dem politischen Ernst (Teil1)

Frau Merkel, Ihre öffentlichen Auftritte und ihre Rhetorik seien so langweilig wie Brot – was entgegnen Sie solcher Kritik?

Dazu muss ich Ihnen ehrlicherweise folgendes sagen: Ihre Fragen sind genauso müde wie mein Gesicht. Was euereins mit dem Prädikat des seriösen Journalismus etikettiert, bezeichne ich an dieser Stelle mal ganz unverblümt als eine Art pornösen Analismus! Was ich ihnen damit in aller Deutlichkeit sagen will: Ihr wollt die Politiker nur in den Arsch fi**en und damit Auflage oder Quote machen. Wir als Regierung sind zwar das ausführende Organ, wir wollen aber nicht eure Ar***löcher sein. So schimpft ihr uns Politiker ständig, Lügner und Betrüger zu sein. Aber ist nicht der ganze Schei**haufen aus Politik, Wirtschaft und Medien verlogen? Es heißt doch, nur Kinder und Säufer sagten die Wahrheit. Also, warum sollen wir Kindern unter 16 Jahren dann das Komasaufen verbieten? Eine betrunkene Jugend kann den Karren aus dem Dreck ziehen. Dafür werden meine Partei und ich in den nächsten Wahlkampf ziehen. Danke.

Satire wider dem politischen Ernst (Teil2)

Herr Beck, wie erklären sich ihre schlechten persönlichen Umfragewerte?

Meine Zweifler unterstellen mir fehlende Führerqualitäten, pardon Führungsqualitäten.
Aber ich persönlich glaube: ich bin zu dick.

Aber Herr Kohl wurde doch auch mit jedem Jahr als Kanzler fülliger…

Stimmt. Dann sind es eben doch meine schlecht ausgebildeten Führerqualitäten.

Und wie erklären sie sich das Umfragetief ihrer Partei allgemein?

Nun ja, ich stehe dieser Partei vor - das färbt natürlich auf die Partei ab. Womit ich nicht sagen will, dass ich allein an der Misere Schuld bin.

Sondern?

Naja, schließlich sind auch Herr Steinmeier und Steinbrück nicht gerade dünn…

Themawechsel: Rückt Ihre Partei mit der Forderung, das ALG I für Ältere zu verlängern, nach links?

Kurzfristig schon, aber auf längere Sicht, so hat der Parteivorstand gestern heimlich beschlossen, wollen wir die territoriale Wiedereingliederung Polens in die BRD durchsetzen. Und das ist nun ja ein eher rechtes Anliegen.

Ich bin überrascht. Nun, da Sie uns das vor laufender Kamera verraten haben, ist Ihr Plan ja jetzt kein Geheimnis mehr.

Oh ähhm. Ich meine natürlich: das ist der Plan der Grünen.

Ach so… Abschließende Frage: Wer wird SPD-Kanzlerkandidat 2009?

Die Katze, die ich gestern gesehen habe.

Ich danke Ihnen.

Danke auch.